Software-Patente

Vorschlag der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission hatte am 20. Februar 2002 einen Vorschlag für eine Richtlinie für den "Patentschutz computerimplementierter Erfindungen" (Software-Patente) vorgestellt. An diesem Vorschlag und seinen Vorbereitungen, die - auch von der softwareentwickelnden Fachwelt weitgehend unbeachtet schon seit 1997 liefen - entzündete sich eine heftige Debatte über Software-Patente.

Eigene Beiträge

In der ESR Pollmeier GmbH hatten wir uns intensiv mit diesem Richtlinienvorschlag auseinandergesetzt und einige Seiten mit Informationen zum Thema auf unserer Homepage bereitgestellt.

Mit Vorträgen haben wir dabei betroffene Unternehmen und die Politik über das Thema informiert, z. B. im Mai 2005 mit dem Vortrag "Software-Patente - Aktuelle Praxis und geplante EU-Richtlinie" bei der Veranstaltung "Patente Software oder Software Patente?" der Regionalgruppe Rhein-Main der Gesellschaft für Informatik (GI).

Europäische Debatte

Der Vorschlag der Europäischen Kommission zu dieser EU-Richtlinie wurde im Mitentscheidungsverfahren behandelt. Der Richtlinien-Vorschlag wurde dabei vom Europäischen Parlament im September 2003 in Erster Lesung behandelt und stark verändert. Der Rat der Europäischen Union (kurz: Rat oder Ministerrat) hatte im Mai 2004 in seiner sogenannten Politischen Einigung keine der substanziellen Änderungen des Europäischen Parlaments übernommen. Dies führte zu umfangreichen Debatten in den Mitgliedsstaaten der EU, unter anderem auch in Deutschland. Dies hatte auch zur Folge, dass das Europäische Parlament die Europäische Kommission im Februar 2005 aufforderte, das Richtlinienverfahren mit einem neuen Vorschlag neu zu starten. Die Kommission lehnte dies ab. Trotz all dieser Debatten und abweichender Parlamentsbeschlüsse in einigen EU-Mitgliedsstaaten übernahm der Ministerrat seine sogenannte politische Einigung ohne Änderungen und ohne Debatte im März 2005 als sogenannten "gemeinsamen Standpunkt").

Ablehnung im Europäischen Parlament

Damit war der Ball wieder beim Europäischen Parlament, dem dieser gemeinsame Standpunkt als Vorlage für die Zweite Lesung diente. Darüber entbrannte eine der größten Lobbying-Schlachten in der Geschichte der EU. Nach intensiver Debatte und vor dem Hintergrund umfangreicher Änderungsanträge lehnte das Europäische Parlament schließlich am 6. Juli 2005 die Richtlinie in der Fassung des Ministerrats ab. Damit ist das Richtlinienverfahren gescheitert. Einen guten Einblick in die Position des Europäischen Parlaments gibt die Rede, die der österreichische Europaabgeordnete und Vizepräsident der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) Othmar Karas am Tag vor der Abstimmung gehalten hatte:

    "Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hat nach dieser zweistündigen Debatte jemand den Eindruck, dass hier ein brauchbarer Gemeinsamer Standpunkt vorliegt, den wir annehmen können? Hat nach dieser Debatte jemand den Eindruck, dass diese heikle Frage ausdebattiert ist, dass sie entscheidungsreif ist, dass wir hier die notwendige qualifizierte Mehrheit zu einem Ja oder zur Fülle der Abänderungsanträge haben? Ich glaube nein. Und das hat seinen Grund.

    Die erste Lesung am 24. September 2003 wurde bei der politischen Einigung des Rates überhaupt nicht berücksichtigt. Piia-Noora Kauppi hat zum Ratsbeschluss gesagt, dass "der Rat anscheinend den Willen der gewählten europäischen Gesetzgebung missachten wolle". Der Rat ist ja selbst unsicher. Am 21. Dezember 2004 wurde die Abstimmung auf Bitte Polens von der Tagesordnung genommen. Parlamente in Deutschland, Spanien und den Niederlanden haben sich gegen die Richtlinie in ihrer vorgeschlagenen Form ausgesprochen. Abstimmungen wurden immer weiter hinausgeschoben.

    Das Europaparlament hat die Kommission zu einer Neuvorlage in erster Lesung aufgefordert. Es gibt einen Beschluss des Rechtsausschusses, einen Beschluss der Konferenz der Präsidenten, einen Beschluss des Plenums für eine Neuvorlage.

    Wie hat der Rat darauf reagiert? Er hat ein Diskussionsverbot verordnet, es zum A-Punkt erklärt, damit nicht diskutiert wird. Und obwohl der Nizza-Vertrag in Kraft getreten ist, wurde die umstrittene politische Einigung einfach beschlossen. Ergebnis: Mit dem Gemeinsamen Standpunkt ist man unzufrieden und bei uns gibt es 178 Abänderungsanträge.

    Aus inhaltlichen Gründen – ich könnte sie erwähnen, sie sind in den Abänderungsanträgen enthalten – bin ich der Auffassung, dieser Gemeinsame Standpunkt schafft keine Rechtssicherheit, er fördert die Innovation nicht und er macht den Kleinen Angst. Daher tun wir gut daran, den Gemeinsamen Standpunkt morgen abzulehnen und alle Kraft für eine Harmonisierung des europäischen Patentrechts zu verwenden, statt sektorale umstrittene Verordnungen als Ersatz dafür zu beschließen."