REACH

Vorschlag der Europäischen Kommission

Am 29. Oktober 2003 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur “Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe” vor. REACH ist dabei die Abkürzung für das englische “Registration, Evaluation, Authorisation ... of Chemicals”.

Nähere Informationen zur geplanten Verordnung finden sich bei der Generaldirektion (GD) Unternehmen und Industrie und der Generaldirektion (GD) Umwelt der Europäische Kommission. Auch den vollständigen Text der Verordnung und einer begleitenden Richtlinie stellt die Kommission zur Verfügung.

Die zuständigen Kommissare sind Günter Verheugen (GD Unternehmen und Industrie) sowie Stavros Dimas (GD Umwelt).

Betroffene Unternehmen

Direkt betroffen von REACH sind alle Unternehmen, die chemische Stoffe und Stoffgemische (sogenannte "Zubereitungen") herstellen, verwenden oder importieren, wenn die jährlich hergestellte oder verwendete Menge eines Stoffes oder einer Zubereitung mehr als eine Tonne beträgt. Ein Faltblatt des DIHK gibt einen ersten Überblick über die geplante Verordnung und enthält einen Schnelltest für die Betroffenheit.

Hier in Ober-Ramstadt ist insbesondere die Caparol-Firmengruppe von REACH betroffen. Es handelt sich um einen der größten Baufarbenhersteller (z. B. Marke "Alpinaweiß") mit 760 Mio EUR Umsatz in 2004 und 3.700 Mitarbeitern weltweit, davon 1.300 am Standort Ober-Ramstadt. Aber sicher auch viele andere Industrie- und Handelsunternehmen in Ober-Ramstadt verwenden Stoffe und Zubereitungen in solchen Mengen, dass sie betroffen sind.

Bei den Konsultationen der EU zu REACH im Jahre 2003 zu einem Vorentwurf der Verordnung hatten mehrere Unternehmen der Caparol-Firmengruppe Stellungnahmen abgegeben. Im Internet sind hier zu finden die Stellungnahme der Deutsche Amphibolin-Werke von Robert Murjahn Stiftung GmbH & Co.KG, Stellungnahme der Caparol Farben Lacke Bautenschutz GmbH & Co Vertriebs KG, die Stellungnahme der Cesky Caparol s.r.o. und die Stellungnahme der Caparol Slovakia s.r.o.

Das Stadtparlament von Ober-Ramstadt hat vor diesem Hintergrund am 25. Februar 2005 eine Resolution zu REACH verabschiedet.

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), der in der Europäischen Union eine beratende Funktion hat, legte am 31. März 2004 seine Stellungnahme zum Vorschlag der Europäischen Kommission vor.

Zitat aus dem Fazit des EWSA: "4.1 Der EWSA unterstützt zwar die Ziele und die Verwirklichung des REACH-Systems, hält es jedoch für erforderlich, dessen Durchführungsmodalitäten besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um zu vermeiden, dass diese sinnvolle Weiterentwicklung der Rechtsakte die Wettbewerbsfähigkeit oder das Wachstum der Industrie beeinträchtigt und folglich das Beschäftigungsproblem verschärft. Diese Anforderung, die auf dem Streben nach sozial, wirtschaftlich und ökologisch 'nachhaltiger Entwicklung' beruht, muss bei diesem Vorschlag in konkreterer Form gestellt werden, da die verfügbare Folgenabschätzung kein nachweislich ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis gewährleistet." - Scharfe Kritik in äußerst höflicher Form. Unter Ziffer 4.6 "bekräftigt [der EWSA] die Notwendigkeit einer eingehenderen Folgenabschätzung, insbesondere was die indirekten Kosten, die Kosten für einige kritische Sektoren nachgeschalteter Anwender und die potenziellen Auswirkungen auf die Beitrittsländer anbelangt ..."

Ausschuss der Regionen

Der Ausschuss der Regionen (AdR) der EU wurde 1994 gegründet, um den Vertretern der Gemeinden, Städte und Regionen eine Mitsprachemöglichkeit bei der Entwicklung neuer EU-Vorschriften zu geben. Damit soll er helfen, die Distanz der EU zu den Bürgern der Mitgliedsstaaten zu überbrücken. Der Ausschuss der Regionen veröffentlichte am 15. März 2005 seine im Februar beschlossene Stellungnahme zum Vorschlag der Europäischen Kommission. Berichterstatter dazu ist der Hessische Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten Jochen Riebel.

Zitat aus den Forderungen und Empfehlungen der Stellungnahme des AdR: "Der Ausschuss der Regionen ... ist der Auffassung, dass die mit den Vorschlägen beabsichtigten Zielsetzungen sich auch durch weniger komplexe Rechtsmaterien erreichen ließen; ... fordert die Europäische Kommission auf, bereits in der Diskussion befindliche Alternativvorschläge zur Vereinfachung des REACH-Systems zu erwägen; ... empfiehlt statt eines mengenbezogenen Ansatzes bei den Herstellungs- und Importmengen, ein stärker risikoorientiertes, expositionsbezogenes und von Prioritäten bestimmtes Konzept zu verfolgen; ..."

Studien zur Folgenabschätzung

Inzwischen gibt es eine unüberschaubare Menge von Studien zur Folgenabschätzung (englisch: impact assessment) von REACH. Die niederländische Ratspräsidentschaft veranstaltete im Oktober 2004 in Den Haag einen Workshop, der 36 (!) derartige Studien auswertete. Interessante Dokumente dazu sind
Conclusions and Recommendations of Workshop on REACH Impact Assessments und
Report - The impact of REACH - Overview of 36 studies on the impact of the new EU chemicals policy (REACH) on society and business

Europäisches Parlament

Über den Vorschlag zur REACH-Verordnung wird im Mitentscheidungsverfahren entschieden, er steht deshalb zur Ersten Lesung im Europäischen Parlament an, sie soll im Herbst 2005 stattfinden.

Vorbereitet wird die Entscheidung in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments. Dazu wurde die Federführung im Februar 2004 dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) übertragen, der den Vorschlag der Kommission im Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) und dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) bearbeitet.

Das Legislative Observatory gibt einen Überblick über das Verfahren, an dem außerdem noch weitere Ausschüsse beteiligt sind: Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL), der Rechtsausschuss (JURI), der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON), der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM), der Haushaltsausschuss (BUDG) und der Ausschuss für internationalen Handel (INTA)

Eine Entscheidung im Umweltausschuss soll im Spätsommer 2005 fallen, die übrigen Ausschüsse müssten ihre Berichte dann vor der Sommerpause 2005 vorlegen.

Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)

Im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) ist als Berichterstatter der italienische Sozialdemokrat (Democratici di Sinistra) Guido Sacconi für die Richtlinie zuständig. Der Abgeordnete Guido Sacconi hatte im Januar 2004 einen ersten Berichtsentwurf vorgelegt, in einem Arbeitsdokument vom 15. Januar 2005 kündigte er eine Überarbeitung dieses Berichtsentwurfs an. Der Umweltausschuss veranstaltete am 19. Januar 2005 eine Anhörung zu REACH.

Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)

Im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) ist als Berichterstatter der hessische Christdemokrat Hartmut Nassauer für die Richtlinie zuständig, er legte im November 2004 ein Arbeitsdokument vor. Auf seiner Homepage berichtet er regelmäßig über REACH.

Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)

Im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) hat die schwedische Liberale (Centerpartiet) Lena Ek die Rolle der Berichterstatterin für REACH.

Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)

Unter hessischen Gesichtspunkten ist interessant, dass im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) der Frankfurter Christdemokrat Thomas Mann für die Richtlinie verantwortlich ist. Er hat auf seiner Homepage einen Bereich zu REACH eingerichtet, in dem er auch über eine Anhörung im Ausschuss für Beschäftigung am 7. Oktober 2004 berichtet. Ein erstes Arbeitsdokument erschien am 30. März 2004, ein zweites Arbeitsdokument am 15. Dezember 2004.

Rat der Europäischen Union (Ministerrat)

Abschnitt in Vorbereitung

Deutscher Bundestag

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestags hat sich in einer Anhörung am 8. November 2004 mit der geplanten Verordnung befasst. Das Wortprotokoll gibt einen guten Einblick in den Stand der Debatte in Deutschland Ende 2004.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

Abschnitt in Vorbereitung

Umweltbundesamt (UBA)

Das Umweltbundesamt unterhält auf seiner Homepage einen eigenen Bereich zu REACH. Interessant ist dort eine "Analyse der Kosten und Nutzen der neuen EU-Chemikalienpolitik" durchgeführt von Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und Ökopol, vorgelegt im Oktober 2004. Dazu wird auch eine Zusammenfassung und ein Kommentar bereitgehalten. Der Kommentar besteht aus zwei ausführlichen Bewertungen der Studie, einmal durch den Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und zum anderen durch den Verband der Chemischen Industrie (VCI). Dies erlaubt einen guten Vergleich der Argumentation zweier großer Organisationen.

Verband der Chemischen Industrie (VCI)

Der VCI beschäftigt sich ausführlich mit REACH. Im November 2004 stellte der VCI seinen Vorschlag für ein besseres REACH vor.

Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)

Die Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) hat in ihrer Mitgliederzeitschrift einige Artikel zu REACH veröffentlicht. Einen guten Überblick über die Entwicklung der Chemikalienbewertung seit 1980 (teilweise auch ältere Aktivitäten) gibt "In Deutschland und weltweit: Chemikalienbewertung vor REACH".

Industrie- und Handelskammern (IHK)

Die IHKs bieten viele Informationen zu REACH auf ihren Homepages an, so z. B. die IHK Rhein-Neckar oder die IHK Darmstadt.

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE)

Auf seiner Homepage schreibt der Landesverband Hessen/Thüringen der IGBCE: "KOMPETENZTREFF EUROPÄISCHE CHEMIKALIENPOLITIK - Die europäische Chemikalienpolitik im Focus der IG BCE - Am 4. Oktober 2004 haben wir in Frankfurt einen Kompetenztreff europäische Chemikalienpolitik durchgeführt. Dabei stand die sachliche, fachbezogene Debatte im Vordergrund. Vertreter aus Unternehmen, Arbeitgeber und Betriebsräte, Vertreter und Experten der Verbände, Parteien und Parlamenten und der IG BCE haben die von uns angebotene Gesprächsplattform genutzt. Jeder konnte und sollte sich aktiv an der Debatte beteiligen. Das Ergebnis ist eine aktuelle und interessante Sammlung von Argumenten und deren Begründungen. Diese Sammlung möchten wir nun auch zum Download zur Verfügung stellen." Die IGBCE bietet auch eine Pressemitteilung dazu an.

Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND)

Der BUND beschäftigt sich auf einer speziellen Homepage Bund gegen Gift (lt. Impressum vom Umweltbundesamt mit Mitteln des BMU gefördert) mit REACH.

In einer Präsentation mit dem Titel Chemie im Alltag, REACH, die Chemiekonzerne und die Politik beim Kongress Gesteuerte Demokratie? Wie neoliberale Eliten die Politik beeinflussen vertritt Ulrike Kallee im Juni 2004 die Positionen des BUND.

In der Broschüre Chemikalienpolitik und die Europawahlen: Wie umweltfreundlich sind deutsche EU-Parlamentarier? aus dem Mai 2004 beschäftigt sich der BUND ebenfalls mit REACH und analysiert die Positionen der Parteien und das Abstimmungsverhalten von Europaabgeordneten.